Das Downhill Race
Wie gesagt, nach ein paar Bieren und Frozen Berry Magaritas sank die Hemmschwelle genug, um sich für das Race anzumelden. Auf der Webseite stand im Grunde nichts - weder der Schwierigkeitsgrad der Strecke, noch Länge oder welche Schutzausrüstung obligatorisch ist. “Naja, immerhin haben wir dann 30€ an so eine Fahrradvereinigung gespendet, falls es doch zu krass wird.”, dachte ich. Trotz allem winkte Gold - denn wie wir nach der Anmeldung festgestellt hatten fuhr ich als Frau alleine in meiner Altersklasse: Élite Feminino. Jonas der alte Draufgänger fand es natürlich super cool auch mitzufahren :D.
Am Donnerstag fuhren wir dann nach Garafía, genauer gesagt in das Dorf Santo Domingo. Anhand von youtube Videos, hatten wir einen ersten Eindruck und zumindest mal eine Vermutung, wo der Trail langlaufen könnte. Über Umwege konnten wir noch einen Bewohner aus dem Ort fragen (der aber mit Mountainbiken nichts am Hut hatte) und reimten uns so den Streckenverlauf zusammen. Jonas probierte die dann aus und meinte, dass es gut machbar sei. Wir schliefen schlecht, weil wir immer aufgeregter wurden. Immerhin war es jetzt schon ein Tag vor dem Race und ich war die Strecke noch nie gefahren.
Mit Hans (auch einer der Magarita-Trinker) hatten wir einen Verbündeten gefunden. Bei ihm hatte die Anmeldung leider nicht geklappt und die Rennleitung ließ sich auch nicht im Gespräch nicht überzeugen. Nein, die Liste sei geschlossen, nichts zu machen. Da sich das erst im Laufe des Tages rausstellte, shuttelte seine Freundin uns alle drei. Der Trainingstag bestand dann darin, die Downhill Strecke fünfmal runter zu fahren, wobei das erste Mal wirklich so ein langsames Herantasten war. Teilweise waren schon ziemlich knifflige Passagen drin, die nicht nur Mut, sondern auch Fahrtechnik erforderten. Das Selbstvertrauen, das Rennen in einem Stück zu beenden wuchs, aber auch die Anspannung, nachdem eine riesen Schanze in der Zielgeraden aufgebaut wurde. Die durfte man aber zum Glück umfahren!
Abends fragte ich Yvonne, ob sie mir vielleicht noch einen Fullface Helm organisieren kann. Da sie recht viel mit einem Tourenanbieter unternommen hatte, konnte sie tatsächlich noch etwas auftreiben. Drei Mitarbeiter des deutschen Tourenanbieter “Atlantic Cycling” fuhren ebenfalls mit, davon eine Frau und einer über sechzig. Randgruppen die in Downhill Rennen wenig verstreten sind und somit einige Pokale abräumten. Vielen Dank nochmal an Atlantic Cycling, die uns spontan mit weiterer Schutzausrüstung versorgten.
Nach einer weiteren unruhigen Nacht nutzten wir die Möglichkeit, vor dem Rennen nochmal die Strecke zu fahren. Das erste Stück verlief auf einem breiten Waldweg, auf dem man richtig schnell fahren konnte. Nach dem Einstieg in den Single Trail galt es, recht große Steinfelder zu überrollen. Die Fahrlinie verlief häufig neben den Steinen, hatte aber stellenweise auch steile Stücke und kleinere Stufen drin. Es folgte ein kurzer, aber steiler Abschnitt, der damit begann, die Stufen vor einem Hauseinang nach unten zu fahren, die direkt in ein Feld mit einigeren, größeren Steinen führten. Getoppt wurde der Teil dann noch von drei wirklich steilen Stufen, bevor ein Stück Straße der Konzentration eine kleine Pause gönnte. Das Stück Single Trail ging dann links rein und fing erst mal harmlos an. Dann gabs Sand und große Felsen, wo man eine extrem gute Linie brauchte, enge Passagen zwischen zwei Mauern (von denen die rechte zum Glück niedriger als der Lenker war) bis man endlich das Kopfsteinpflaster des Ortes erreichte. Noch zwei Kurven waren in den engen, von Häuserreihen gesäumten Gässchen zu fahren, bevor die Zielgerade mit der großen Schanze in Sicht war.
Am Tag des Rennens gab es alte LKWs der Stadtverwaltung, die die Fahrer wieder den Berg hinauffuhren. Etwas abenteuerlich mit 15 Leuten und Fahrrädern einfach auf der Ladefläche die kurvige Straße hoch :)
Ich merkte schon im ersten Durchlauf morgens meine Beine, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Zum Glück konnten wir uns Schutzausrüstung leihen, denn ohne Fullface Helm, Rücken- und Brustprotektoren sowie einem langärmeligen Oberteil oder Ellenbogenschützer (eine komische Regel) ging da nichts. Fast durften wir das Rennen nicht mitfahren, denn wir hatten keine Goggles (Skibrillen), sondern nur normale Sonnenbrillen. Ausnahmsweise durften wir die erste Runde mitfahren und nur sehr ausnahmsweise dann die Zweite. Der erste Durchgang sollte eine zeitliche Einschätzung der Sportler geben, während der zweite dann das eigentliche Rennen war.
Gegenüber den Abfahrten vorher war es so viel anstrengender! Erstens war mein Körper durchflutet von Adrenalin. Zweitens wollte ich ja auch keine suuuper langsame Zeit abliefern, drittens heil unten ankommen und außerdem standen an vielen Stellen entlang der Strecke dutzende Zuschauer, die uns anfeuerten. Im ersten Durchgang fuhr ich etwas über acht Minuten und war damit immerhin nicht Letzte.
Jonas erste Runde lief eigentlich echt gut, bis es ihn dann auf dem Kopfsteinpflaster so richtig brezelte. Der Sturz war nach den ganzen Singletrails schon fast auf der Zielgerade. Die Straßenstücke konnte man nutzen um ein bischen Zeit aufzuholen. Da Jonas Höchstgeschwindigkeit in den Probeläufen zuvor ca 56km/h war, war er wohl auch beim Sturz über 50km/h schnell. Jonas überschlug sich mehrfach und der rechte Knieschoner zerriss. Der Sturz hinterließ eine offene Wunde und es schwoll auch stark an. Sein Helm hat jetzt ein paar große Macken und die Bremshebel, sowie der Lenker starke Gebrauchsspuren. Alles in allem ein ziemlich teurer Sturz. Nach einem eiligen Wiederaufsteigen, war dann der verdrehte Lenker und die fehlende Bremswirkung zu bemerken. Er fuhr das Rennen so gut es ging zu Ende und hat immerhin noch eine Zeit von 6:50 erreicht. Aber das eigentliche Rennen ausfallen zu lassen kam natürlich nicht in Frage.
Nach einer Pause waren wir also wieder oben. Wieder wurden wir wegen der Goggles ermahnt, wieder warteten wir. Keiner wusste so genau, wie der zweite Durchgang geordnet wird - zu unserer Verwunderung fingen die langsamsten aus jeder einzelnen Kategorie an. Mein Rennen lief echt nicht gut, dreimal hat es mich hingehauen. Einmal gestürzt ist es bei mir eigentlich vorbei. Dann beherrscht mich die Unsicherheit, aber immerhin ist mir nichts weiter passiert (außer ein paar blauen Flecken). Da ich vor Jonas dran kam, war ich schon leicht besorgt, als sich plötzlich der Krankenwagen in Bewegung setzte. Doch den Unfall hatte wohl ein Fahrer genau vor Jonas, der gerade am Start stand, als das Race für 20 Minuten unterbrochen wurde. Für ihn eine echt blöde Situation. Sowieso schon etwas unsicherer durch den eigenen Sturz, dann noch Warten wegen eines Unfalls.
Am Ende gabs für mich - das stand ja schon am Anfang fest :D - den ersten Platz. Vier Frauen hatten teilgenommen, alle aus Deutschland. Selbst das junge Mädel, vermutlich nicht älter als 10 Jahre, das sich mit ihrem Papa zusammen nach unten getraut hatte. Die kanarischen Kerle jedenfalls, fanden glaube ich echt cool, dass auch Frauen sowas mitmachen.
Der schnellste war übrigens doppelt so schnell wie ich - mit einem Durchschnitt von etwa 42 km/h! Ich bin immerhin auch über 20km/h im Schnitt gefahren und vor allem verglichen mit den ersten Tagen auf La Palma bin ich schon ein bisschen stolz :).
Jonas hat jetzt (6 Tage später) immernoch mit seinem Knie zu kämpfen, aber es wird langsam besser. Ein kurzer Besuch im Krankenhaus ließ auf keine ernsten Verletzungen schließen. Interessant eine Behandlung zu bekommen, wenn die Ärzte und Assistenten allesamt kein Wort Englisch können.
Wir haben noch ein kleines Video bei Youtube gefunden (Ab Minute 0:55 ist sogar die Go zu sehen):
Hier gibt es noch ein Video von einem der Teilnehmer aus Fahrer Perspektive: https://www.facebook.com/no.limits.tenerife/posts/4104513992934822
Außerdem die offiziellen Zeiten: http://islabonitatiming.com/results/dh-barranquito-abajo