Über die Berge in Richtung Tarifa
Erst mal war kein Wind mehr für die Südküste angesagt. Da dachten wir, dass ein Abstecher in die Sierra Nevada bestimmt nicht schadet :) Die felsige Berglandschaft ließ unser Ungefährt wie ein Miniaturvan wirken.
In Serpentinen wand sich die Straße immer weiter nach oben, bis wir schließlich auf 1250m Höhe unseren Schlafplatz fanden:
Ein großer Platz lag direkt neben einem Dorf und schien eine Art Aussichtspunkt zu sein. Er war mit Kies bedeckt und wir parkten auf einem möglichst geraden Fleckchen. Das Fahren und Reisen macht schon ziemlich müde, deswegen machten wir an diesem Abend nur einen kleinen Spaziergang, kochten uns etwas und ich machte ein wenig Yoga. Ein wenig später bekamen wir noch Besuch: Ein Herde Ziegen und Schafe wurde von ihrem Hirten über den Platz getrieben.
Ein wunderschönes Licht beendete unseren Tag :)
Am nächsten Morgen testete ich unsere Dusche - welch ein Genuss! - und wir konnten an einem Brunnen sogar unser Wasser wieder füllen. Wir verließen den Platz und folgten der Straße, immer weiter in den Bergen. Bald darauf erreichten wir Trevélez, ein steiles Örtchen, dessen höchstes Haus auf 1595 Meter liegt, also 100m höher als der Feldberg! Das Dorf ist sehr bekannt für den Luftgetrockneten Schinken, der schon 1862 Ihrer Majestät, Königin Isabella II., serviert wurde. Die vielen Geschäfte, die hier in normalen Zeiten Serrano-Schinken anboten, wurden uns bereits auf der Karte am Ortseingang aufgezeigt; auch Führungen durch die Produktion sind wohl möglich. “Serrano” kommt übrigens vom spanischen Ausdruck “sierra”, der eine schroffe Bergkette bezeichnet. Der Ort scheint sich fast unter den Bergkuppen wegzuducken, liegt es doch an der Bergkuppe des höchsten Berges der Sierra Nevada: dem Mulhacén. Wir betraten ein Geschäft und stellten fest, dass das Fleisch mit etwa 20€/kg gar nicht so teuer war. Im dämmrigen Licht des Geschäfts hingen die Schinken von der Decke. Eine Kühltheke enthielt bereits geschnittene Ware und wurde vom Ladenbesitzer für uns beleuchtet. Daneben gab es eine weitere für Käse, den wir dann sogar probieren durften. Weitere angebotene Güter füllten noch ein hölzernes Regal: Es gab Olivenöl und kleine Zellophanbeutel mit Keksen. Wir kauften ein wenig Schinken und ein Stück Käse aus Ziegen- und Schafsmilch im Rosmarinmantel.
Auf dem Weg Richtung Granada suchten wir uns eine nette Haltebucht an der Straße und frühstückten erst mal.
In Granada war es aus mit der kühlen, frischen Bergluft. Hitze und Verkehrschaos erwarteten uns. Dass diese Stadt eine Studentenstadt ist, fällt auch in Corona-Zeiten auf: Viele junge Menschen waren auf den Straßen, alle trugen Maske, Roller fuhren kreuz und quer und wir passierten auch zufällig ein Wohnheim. Die Universität von Granada wurde 1531 gegründet und hatte 2018 schon 60000 Studenten. Ebenfalls ein Wahrzeichen der Stadt ist die Burg Alhambra, die wir am Tag darauf besichtigten.
Wir hatten Glück, denn es war sehr wenig los. In einiger Entfernung fanden wir sogar einen kostenfreien Parkplatz und bezahlten am Eingang dann 14€ pro Person Eintritt. Seit 1984 ist die Anlage Weltkulturerbe, da sie (Bau-)Kunst des maurischen und islamischen Stils beherbergt.
Ihre Geschichte weist weit zurück, bis hin zu den Bürgerkriegen im neunten bis zwölften Jahrhundert, wo sie unter anderem genutzt wurde, um die adeligen vor der Bevölkerung zu schützen. Wir starteten mit einem Rundgang durch die Gärten und dem Sommerpalast Generalife, dessen ursprünglicher Name ‘Garten des Mystikers’ bedeutet. Von dort aus kann man auf die Festungsanlage und auch auf die Stadt schauen. Ich mochte die Symmetrie der Burg und die vielen Wasserspiele, an denen wir vorbei flanierten. Alte Mosaikreste und reiche Verzierungen an vielen Säulen und Wänden ließen den Reichtum und die einstige Schönheit gut vorstellbar werden.
Trotz der wenigen Besucher dieses Tages wurde streng darauf geachtet, dass man die Burg nur in der richtigen Richtung durchläuft und immer wieder mussten wir unsere Eintrittskarten mit den Ausweisdokumenten vorzeigen. Gegen frühen Nachmittag durften wir in die Nasridenpaläste, das “Herzstück der Alhambra”. Für diesen Eintritt hatten wir uns eine Uhrzeit beim Ticketkauf ausgesucht und nein, sechs Minuten zu früh durften wir natürlich noch nicht hinein. Der Palast war sehr kunstvoll geschmückt, sowohl mit Malerei, gefließte Mosaike, als auch architektonisch; faszinierend fand ich vor allem die Stalaktitengewölbe. Feine, schier unzählbare Verzierungen auf Säulen, Mauern und auch den Türen, unzählige Brunnen und Wasserspiele gab es dort zu entdecken. Den Abschluss unserer Tour bildete ein Aufstieg auf den Festungsturm der Alcazaba. Von dort aus hatten wir eine herrliche Aussicht auf die Stadt und die teilweise alten Gebäude, inklusive der Kathedrale. Summa sumarum: Mir gefielen die Burgen mit ihren geschichtsträchtigen Mauern, sowie die Gärten zwar gut, aber ohne Audioguide war unsere Tour wenig informativ. Es gab im Grunde keine Informationstafeln, die wir eigentlich beide erwartet hätten. Somit habe ich diese Informationen wieder einmal Wikipedia entnommen. Auf dem Titelbild kann man übrigens den Myrtenhof sehen. Dort verhindert ein besonders regulierter Zufluss die Wellenbildung und erzeugt so die spiegelglatte Oberfläche des Beckens.
Wir besuchten auch die Stadt kurz, aber in diesen Zeiten lohnt es sich nicht wirklich. Hier haben zwar mehr Bars und Restaurants geöffnet, trotzdem flaniert es sich längst nicht so atmosphärisch und leider hatte auch die Kathedrale geschlossen (in die ich gerne einen Blick geworfen hätte). Immerhin hat Jonas ein Geschäft für Outdoorkleidung und -gegenstände gefunden und sich dort neue Schuhe gekauft :)
Ein bisschen Recherche hatte ergeben, dass man in der Sierra Nevada auch Wintersport betreiben kann. Leider gab es über die Corona-Bestimmungen wieder mal keine gute Auskunft. Also beschlossen wir die 60km auf uns zu nehmen, auch einfach um es uns anzusehen. Die Lifte fuhren - zumindest teilweise - laut der Website. Wie cool es wäre, einfach über fast menschenleere Pisten zu cruisen! Das Skigebiet in der Sierra Nevada wirkte wie ausgestorben. Im Vergleich zum Schneechaos in Madrid, lag die Schneegrenze erst kurz vor den Liften, aber man kann von Pradollano (auf 2100m Höhe) auch auf bis zu 3300 Meter aufsteigen. Ein Skiverleih war sogar geöffnet. Allerdings machte uns der Mann klar, dass aktuell nur Bewohner des nächsten Ortes auf die Pisten durften und es im Falle einer Kontrolle bis zu 500€ kosten könnte. Das Risiko war uns dann doch zu groß und so beschlossen wir, wieder ans Meer zu fahren und nahmen Kurs auf Tarifa.